Sonntag, 14. April 2013

Poseidon - Gott oder Guru?


Das Wetter ist endlich perfekt und um 10 Uhr morgens entscheiden wir (Philipp und Michi) uns, etwas zu unternehmen. Zur Auswahl stehen das Telli oder die sagenumwobene Guruplatte am Hunds-Chopf. Da die Temperaturen schon sehr sommerlich sind, beschliessen wir, nach Seelisberg zur Guruplatte zu fahren. Gute zwei Stunden später fetzen wir mit den Kickboards über die Strasse zum Hunds-Chopf. Zu Fuss steuern wir durch den Wald weiter auf der Suche nach der Abseilstelle. Schnell stossen wir auf die Abbruchkante, wo der friedliche Wald abrupt endet und beinahe vierhundert Meter tiefer der Urner See in der Nachmittagssonne glitzert. Entlang dieser Kante stossen wir linkshaltend auf die angepeilte Abseilstelle. Nach Philipp's ersten fehlgeschlagenen Seil-Rauswerf-Versuchen, er meinte, im alpinen Gelände hätte es sonst nicht so viele Bäume, seilen wir uns kurz vor halb drei endlich in die Wand ab. Das zweite Mal Abseilen führt uns über die Abbruchstelle des Felssturzes von 2008. Nach drei weiteren, reibungslosen Abseilmanövern stehen wir am oberen Ende einer kleinen Geröllterrasse immer noch zweihundert Meter über der Wasseroberfläche inmitten der Wand.

Bild links: Tiefblick vom Ausstieg auf den See und die letzte Seillänge. Die Kunst des Seilwerfens erfordert unterhalb der Baumgrenze besonderes Können.

Michi startet gleich in die erste Seillänge und wie erwartet ist die Kletterei nicht einfach ein Spaziergang, wie der Schwierigkeitsgrad vielleicht vortäuschen könnte, sondern erfordert Fusstechnik und Übersicht. Die Kulisse ist fantastisch und als die Sonne hinter den Felsen verschwindet, ist auch das Klima sehr angenehm. Philipp klettert die nächste Seillänge, die über einen kleinen, griffigen Aufschwung auf die nächste Platte führt. Die dritte Seillänge wartet mit laut Topo 45 Klettermetern und verursacht schmerzende Füsse in den engen Kletterfinken. Die vierte Seillänge erreicht das obere Ende der Guruplatte, wo die schwierigen Stellen dieser Route allesamt bewältigt sind. Die fünfte Seillänge führt an der Kante eines meterbreiten Risses hinauf, bevor es in der Letzten nochmals plattig wird. Zum Schluss hetzen wir hinauf, da wir unbedingt den Bus erwischen wollen. Pünktlich in Seelisberg angekommen stellen wir fest, dass der Bus fünf Minuten früher fährt als wir dachten. Der gute alte Autostop hilft uns zum Glück wiedermal weiter.

Die Route Poseidon in der Guruplatte am Hundschopf ist wirklich lohnend. Das Ambiente ist einmalig, Klettereien mit Seen unter den Füssen gibt es in der Schweiz nicht zuhauf. Die Felsqualität ist ziemlich gut, nur selten sind kleine Käntchen ausgebrochen. Es hat sich gelohnt, anstelle eines Klettergartennachmittags wiedermal eine kleine Mehrseillängentour zu klettern. Das Topo zur Route findet man im neuen Zentralschweizer Kletterführer. Die empfohlenen mobilen Sicherungsgeräte können übrigens nicht eingesetzt werden und sind auch nicht notwendig. Haken sind vorhanden, man braucht nur zehn Expressen mitzunehmen.