Gimmelwald - dieser Klettergarten steht, wie der Voralpsee, auf unserer Liste der absoluten Top-Gebiete, die wir dieses Jahr besuchen wollen. In den Osterferien ist endlich genug Zeit vorhanden und die Planung wird konkreter. Schlussendlich finden wir doch niemanden mehr, der mitkommen kann und so starten wir am Freitagmorgen zu zweit in Richtung Gimmelwald. Die einzige Sorge bleibt, dass die Wand nass sein könnte und wir die lange Reise dann umsonst hinter uns gebracht hätten. Doch einen Versuch wollen wir wagen...
Nach über drei Stunden Fahrt steigen wir in Lauterbrunnen aus dem Zug. Es herrscht ein ziemliches Gedränge, zahlreiche Touristen sind unterwegs. "Dää gits jä niid", hört man plötzlich jemanden in klassischen Basler-Diitsch sagen. Sevi und Jan sind auch hier, auf der Rückkehr vom Nollen am Mönch, wo sie in hüfttiefem und haltlosen Schnee den Aufstieg abbrechen mussten. Wir plaudern über alles Mögliche, vergessen die Zeit und fast hätten wir deswegen unseren Anschlussbus verpasst...
Auf dem weiteren Weg nach Gimmelwald treffen wir niemanden mehr, den wir kennen. In der Seilbahn werden wir dafür als Klettersteigler bezeichnet, aber auch solche listigen Anschuldigungen können uns so kurz vor dem Ziel nicht mehr aufhalten. Das viel härtere Hindernis bleibt der bevorstehende Zustieg, der mit einigen Kilogramm auf dem Rücken und den hohen Temperaturen kein Zuckerschlecken sein wird. Doch alles ist halb so wild, zuerst spaziert man auf einem gemütlichen Weg ins Tal hinein. Irgendwann zeigt sich der beeindruckende Überhang von Gimmelwald, praktisch trocken, aber leider weit über dem Weg... Kurz darauf folgt die Abzweigung hinauf. Viel geredet haben wir im weiteren Verlauf nicht mehr, länger als die angegebenen fünfzig Minuten brauchen wir trotzdem. Nach dem härtesten Zustieg unserer Kletterlaufbahn stehen wir unter der Felswand von Gimmelwald und sind ziemlich am Ende. Ausser den lieben Tieren oben in der Wand ist niemand hier, so können wir in Ruhe wieder etwas Kraft auftanken bevor wir in die erste Route starten.
Teufelsküche heisst die erste Route unserer Wahl, die zwar nicht so überhängend wie die anderen Touren, aber trotzdem recht steil ist. Wir können die Route nicht punkten, probieren auch nicht weiter, da es für das Selbstwertgefühl nicht fördernd ist, die Einwärmroute zu projektieren. Die nächste Route, die wir versuchen ist die Surfer's Paradise. Ziemlich ausdauernd und weite Züge im Überhang... Zu hart für uns, so steigen wir als nächstes in die Hexenküche ein. Ein Klassiker, und das nicht unverdient, die Züge sind super. Wenn man unter so einer Route sitzt, fühlt man sich wie ein richtig guter Kletterer. Ist man dann in der Route unterwegs, ist dieses Gefühl nicht mehr so stark...
Die Sonne scheint schon wieder prall an die Wand, als wir am nächsten Morgen aufwachen. Es ist genug warm, um im T-Shirt zu frühstücken. Nach einer ausgiebigen Aufwachphase wärmen wir uns wieder in der Teufelsküche auf und Obed kann sie gleich punkten. Wir probieren nochmals die Hexenküche und bouldern anschliessend die Femme Rouge aus. Inzwischen ist ein deutsches Ehepaar eingetroffen. Er hat auch die Hexenküche projektiert und gibt uns einige Tipps. Mittlerweile hat sich der Strom aber heimlich aus dem Staub gemacht und wir packen unsere Sachen. Der Rückweg mit leichterem Gepäck ist schon um einiges angenehmer, dafür erwischen wir die Seilbahn nicht mehr. Nach dem überfüllten Zug in Lauterbrunnen geniessen wir ab Interlaken ein freies Sechser-Abteil und ein kühles Bier. Und eines ist klar: "Gimmelwald, daa muemer meeh cho...". Wir kommen wieder.
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